Pflichtteilsverzichtsvertrag

Erben können mit dem Erblasser einen Pflichtteilsverzichtsvertrag vereinbaren, der einen gänzlichen Verzicht auf das Erbe bewirkt. Hierbei sind dann auch die Nachkommen des verzichtenden Erben betroffen. Möglich ist allerdings auch eine Vereinbarung über den Verzicht des Pflichtteils in Verbindung mit einer Abfindungszahlung. In jedem Fall muss ein solcher Vertrag schriftlich festgehalten und notariell beurkundet werden.

Kosten für die notarielle Beurkundung

Die Kosten für die notarielle Beurkundung bemessen sich nach dem Geschäftswert. Doch welcher Geschäftswert ist für die Beurkundung eines Pflichtteilsverzichtsvertrages gegenüber dem Erstversterbenden von zwei Erblassern heranzuziehen, bspw. im Verhältnis Kinder zu ihren Eltern?

Dies war in der Rechtsprechung streitig.

Nach einer Auffassung ist das Vermögen beider Erblasser zugrunde zu legen. Dies wird damit begründet, dass es sich um zwei selbständige Pflichtteilsverzichtsverträge mit beiden Erblassern handele. Diese seien zwar auflösend bedingt, aber bedingte Verträge seien kostenrechtlich wie unbedingt abgeschlossene zu bewerten (vgl. OLG Düsseldorf JurBüro 2019, 35 [juris Rn. 7]; LG Arnsberg ZEV 2022, 604 Rn. 6 ; BeckOK-KostR/Felix, § 102 GNotKG Rn. 36 [Stand: 1. Juli 2023]).

Nach anderer Auffassung ist lediglich der Wert des Vermögens eines Erblassers zu berücksichtigen. Als Begründung wird angeführt, dass von vornherein feststehe, dass die Bedingung eintreten werde und nur ein Pflichtteilsverzicht wirksam werden könne, weshalb auch nur dieser eine Verzicht für den Geschäftswert maßgebend sei (vgl. Bormann in Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG 4. Aufl. § 102 Rn. 35; Zimmer in Renner/Otto/Heinze, Leipziger Gerichts-und Notarkosten-Kommentar 3. Aufl. § 102 Rn. 26).

Der Bundesgerichtshof hat nunmehr mit Beschluss v. 11.10.2023 entschieden, dass die erstgenannte Ansicht zutrifft und sich der Geschäftswert für die Beurkundung eines Pflichtteilsverzichtsvertrages gegenüber dem Erstversterbenden von zwei Erblassern (im entschiedenen Fall: Kinder im Verhältnis zu ihren Eltern) nach dem Vermögen beider Erblasser bemisst (vgl. BGH 4. Zivilsenat, Beschluss v. 11.10.2023, AZ. IV ZB 26/22 🔗).

Der zugrundeliegende Sachverhalt:

Am 10.05.2017 beurkundete der Notar einen Pflichtteilsverzicht der Kinder der zukünftigen Erblasser. Die Kinder verzichteten gegenüber dem Erstversterbenden ihrer Eltern auf ihr Pflichtteilsrecht, einschließlich Pflichtteilsergänzungsansprüchen, ausschließlich zugunsten des länger lebenden Elternteils, der Verzicht wurde von den Eltern angenommen.

Der Notar setzte seiner Rechnung als Geschäftswert das Vermögen nur eines Elternteils zugrunde. Die Notarkasse vertrat die Auffassung, dass für den Wert des Pflichtteilsverzichts das Vermögen beider Elternteile zu berücksichtigen sei. Der Notar verlangte daraufhin eine gerichtliche Entscheidung über die Kostenberechnung.

Der BGH hat den Fall dahingehend entschieden, dass der Geschäftswert der Beurkundung eines Pflichtteilsverzichts gegenüber dem Erstversterbenden von zwei Erblassern dem addierten Wert beider Pflichtteilsverzichtsverträge entspricht.

Begründet hat der BGH dies damit, dass es sich bei den beurkundeten Pflichtteilsverzichtsverträgen um mehrere Beurkundungsgegenstände handelt, da sie sich auf mehrere Rechtsverhältnisse, die Pflichtteilsrechte der Kinder nach beiden Elternteilen, beziehen. Die Pflichtteilsverzichte sind zwar durch den Tod des jeweils anderen Erblassers auflösend bedingt, dies führt aber nicht dazu, dass nur einer der beiden Verzichte wirksam werde und die Kinder letztlich nur auf ein Pflichtteilsrecht verzichteten.

Das Pflichtteilsrecht als durch die Beurkundung gestaltetes Rechtsverhältnis ist nicht der zukünftige Pflichtteilsanspruch auf Zahlung gegen den Erben, der erst mit dem Erbfall gemäß § 2317 Abs. 1 BGB entsteht. Pflichtteilsrecht und Pflichtteilsanspruch sind voneinander zu unterscheiden (vgl. Senatsurteil vom 13. November 1996 – IV ZR 62/96BGHZ 134, 60, 64 [juris Rn. 15]). Der Pflichtteilsverzicht gemäß § 2346 Abs. 2 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das seinem Gegenstand und seiner Eigenart nach nur mit dem Erblasser zu dessen Lebzeiten abgeschlossen werden kann (vgl. Senatsurteil v. 13. November 1996 aaO S. 65 [juris Rn. 16]), und erfasst daher allein das Pflichtteilsrecht.

Die Addition der Werte beider Pflichtteilsverzichtsverträge steht, so der BGH, auch im Einklang mit den Zwecken des Notarkostenrechts, denn bei der Beurkundung der Pflichtteilsverzichtsverträge mit zwei Erblassern hat der Notar seine Tätigkeit auch auf die Pflichtteilsrechte nach beiden Erblassern zu erstrecken. Dieser Aufwand ist unabhängig davon, ob die Verzichtsverträge auflösend bedingt sind oder nicht.

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