Was wird aus der Vertrauensarbeitszeit?

Nach BAG 1 ABR 22/21 vom 13.09.2022

Im Jahr 1994 hat der Gesetzgeber zum Schutz der Beschäftigten und um für alle bundesweit einheitliche Regelungen vorzugeben das Arbeitszeitengesetz (ArbZG) erlassen. Es soll dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen für flexible Arbeitszeiten verbessert werden und so u.a. Ruhezeiten, Höchstarbeitszeiten und Ruhepausen eingehalten werden. Hintergrund ist der Schutz der Gesundheit von Arbeitnehmern. Arbeitnehmer i.S.d. Gesetztes sind Arbeiter und Angestellte sowie Auszubildende.

Grundsätzlich sollte nach diesem Gesetz die Arbeitszeit nicht länger als acht Stunden andauern. Bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden steht Arbeitnehmern eine Ruhepause von 30 Minuten zu. Bei einer Arbeitszeit von bis zu neun Stunden sind es 45 Minuten Ruhepause.

Nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit muss eine Ruhezeit von mindestens elf Stunden eingehalten werden. Ausnahmen gibt es nach § 5 II ArbZG z.B. für Mitarbeiter in Krankenhäusern oder anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege oder Betreuung von Personen.

Was bedeutet Arbeitszeiterfassung?

Die Arbeitszeiterfassung umfasst sämtliche Möglichkeiten, die tägliche Arbeitszeit von Arbeitnehmern – also den Zeitraum in dem die geschuldete Arbeitspflicht erbracht wird – so präzise wie möglich zu dokumentieren. Bereits 2019 entschied der EuGH, dass eine bloße Dokumentation von Überstunden hierfür nicht ausreicht. Arbeitgeber der Mitgliedsstaaten sind dazu verpflichtet, ein verlässliches und zugängliches System einzurichten, mit dem jeder Beschäftigte seine geleistete Arbeitszeit erfassen kann. Dieser Aufforderung war der deutsche Gesetzgeber – bis jetzt – nicht nachgekommen. Nach dem jüngsten Urteil des BAG vom 13.09.2022 ist der Arbeitgeber nach § 3 II Nr. 1 ArbSchG nun verpflichtet, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer durch ein Arbeitszeitsystem zu erfassen.

Was wird aus der Vertrauensarbeitszeit?

Vertrauensarbeitszeit bedeutet grundsätzlich, dass der Arbeitgeber bloß den Umfang der zu leistenden Arbeit vorgibt und es den Arbeitnehmern überlässt, eigenständig über die konkrete Einteilung der Arbeitszeit zu entscheiden. Dies wird auch weiterhin möglich bleiben. Insbesondere das mobile bzw. flexible Arbeiten gewinnt immer mehr an Popularität. Deshalb ist es umso wichtiger – insbesondere vor dem Hintergrund des Arbeitnehmerschutzes -, dass Arbeitszeiten genau dokumentiert werden.

Kurz die Mails „checken“?

Fraglich ist allerdings wie praktikabel die reine Vertrauensarbeitszeit noch sein wird, wenn der Arbeitnehmer seine geleistete Arbeit genauesten dokumentiert und so besser nachhalten kann z.B. wann und wie viele Überstunden er geleistet hat. Dazu zählt sodann auch das kurze E-Mails „checken“ am Wochenende oder das spontane „ich muss nochmal kurz was erledigen“ um 22:30 Uhr abends.

Chancen eröffnet es allerdings allemal dadurch, dass eben genau dieser genannten Entgrenzung von Arbeit und Freizeit entgegengenwirkt werden kann. Arbeitnehmer können auch dieses Arbeiten dokumentieren und so selber besser nachhalten wann Pausen erforderlich bzw. erlaubt sind und so zur Besserung ihrer (mentalen) Gesundheit beitragen.

 

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