Die personenbedingte Kündigung und ihre Voraussetzungen

Bei der personenbedingten Kündigung liegt der Grund – wie der Name vermuten lässt – in der Person des Arbeitnehmers. Der Kündigungsgrund liegt in dem Umstand, dass aufgrund von persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten oder deren Nichtvorliegen der Zweck des Arbeitsvertrags dauerhaft nicht mehr erreicht werden kann.

Hier kommt es also nicht dar­auf an, ob der Ar­beit­neh­mer sei­ne Pflich­ten aus dem Arbeitsvertrag ver­letzt hat.

Der wichtigste Fall der personenbedingten Kündigung ist die krankheitsbedingte Kündigung 🔗

Weitere Beispiele:

  • Verlust einer erforderlichen, behördlichen Berufsausübungserlaubnis,
  • fehlende fachliche oder persönliche Eignung,
  • Antritt einer Haftstrafe
  • andauernde erhebliche individuelle Leistungsschwäche (sog. „Low-performer“) – BAG, Urteil vom 03.06.2004, 2 AZR 386/03 🔗

Unter welchen Voraussetzungen kann der Arbeitgeber personenbedingt kündigen?

Nach der Recht­spre­chung müssen die fol­gen­den vier Vor­aus­set­zun­gen vor­lie­gen, da­mit ei­ne per­so­nen­be­ding­te Kündi­gung wirk­sam ist:

  1. Negativprognose hinsichtlich der persönlichen Eigenschaften und/oder Lebensumstände des Arbeitnehmers
  2. Erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen und/oder wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers
  3. keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem anderen freien Arbeitsplatz
  4. Abwägung der beiderseitigen Interessen

1. Negativprognose

Im Rahmen der Negativprognose muss festgestellt werden, dass eine weitere vertragsgemäße Beschäftigung unmöglich ist, weil der Arbeitnehmer aufgrund seiner persönlichen Eigenschaften und / oder Lebensumstände auch in Zukunft nicht dazu in der Lage sein wird, seine arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen.

Der Zweck der personenbedingten Kündigung liegt nicht darin, den Arbeitnehmer für vergangenes Verhalten oder Vorkommnisse zu bestrafen.

Für die  Zukunft muss die persönliche Unmöglichkeit der Arbeitsleistung mit großer Sicherheit ganz oder teilweise prognostiziert werden.

2. Erhebliche Beeinträchtigung vertraglicher oder betrieblicher Interessen

Der Arbeitgeber muss außergewöhnliche und ihm nicht zumutbare Belastungen geltend machen, die ihm infolge der Nicht- oder Minderleistung des Arbeitnehmers entstehen.

Bei kleineren Unternehmen, für die Mitarbeiterausfälle oft nicht leicht kompensierbar sind, können bereits Störungen im Betriebsablauf eine erhebliche Beeinträchtigung darstellen.

Allerdings kann sich der Arbeitgeber nur dann auf die Störung des Betriebsablaufs berufen, wenn er zuvor Vorkehrungen getroffen hat, um vereinzelte Ausfälle kompensieren zu können.

Störungen des Betriebsablaufs sind folglich nur dann erheblich, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, sie durch andere Maßnahmen zu verhindern oder zu beseitigen, etwa durch Personalreserven, die einzelne Krankheitsfälle auffängt.

Auch wirtschaftliche Belastungen können eine erhebliche Beeinträchtigung für den Arbeitgeber darstellen. Das ist etwa dann der Fall, wenn der Arbeitgeber bei mehreren Kurzzeiterkrankungen des Arbeitnehmers, die nicht miteinander in Zusammenhang stehen, für mehr als sechs Wochen pro Jahr den Lohn fortzahlen muss.

Nicht erforderlich ist der Nachweis einer solchen Beeinträchtigung dann, wenn feststeht, dass die im Rahmen der Negativprognose festgestellte (teilweise) Unmöglichkeit der Vertragsdurchführung auf Dauer bestehen wird.

Beispiel: Der Arbeitnehmer verliert seine behördlich erteilte Berufsausübungserlaubnis.

3. keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit

Eine personenbedingte Kündigung ist auch nur dann gerechtfertigt, wenn dem Arbeitgeber zur Verfolgung seiner betrieblichen oder vertraglichen Ziele kein milderes Mittel zu Verfügung steht. Je nach den Umständen des Einzelfalls kommt hierfür in Betracht:

  • die Weiterbeschäftigung auf einem anderen freien (ggf. leidensgerechten) Arbeitsplatz,
  • die Änderung der Arbeitsbedingungen
  • eine Umschulung des Arbeitnehmers

In sol­chen Fällen sind Ar­beit­ge­ber ver­pflich­tet, dem Ar­beit­neh­mer zur Ver­mei­dung ei­ner per­so­nen­be­ding­ten Kündi­gung ei­nen sol­chen al­ter­na­ti­ven Ar­beits­platz an­zu­bie­ten.

Allerdings be­steht kei­ne Pflicht, ei­nen frei­en Ar­beits­platz zu schaf­fen.

Frei sind nur solche Ar­beitsplätze, die zum Zeit­punkt der Kündi­gung oder (spätes­tens) bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist be­setzt wer­den sol­len.

In diesem Zusammenhang ist bei der krankheitsbedingten Kündigung ein besonderes Augenmerk auf die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) zu legen (mehr dazu demnächst auf unserem Blog).

4. Interessenabwägung

Schließlich muss der Arbeitgeber noch eine Interessenabwägung vornehmen. Damit die personenbedingte Kündigung wirksam ist, muss das In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers an ei­ner Ver­trags­be­en­di­gung ge­genüber dem In­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers an ei­ner Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses überwiegen.

Dann sind dem Ar­beit­ge­ber zukünftigen Be­ein­träch­ti­gun­gen sei­ner In­ter­es­sen nicht zu­zu­mu­ten.

Zu berücksichtigen sind dabei vor allem folgende Umstände:

  • Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers
  • Alter des Arbeitnehmers und ggf. Unterhaltsverpflichtungen
  • der bisherige (evtl. fehlerfreie) Verlauf des Arbeitsverhältnisses
  • Ursache der Störung
  • Größe und wirt­schaft­li­che Leis­tungsfähig­keit des Be­triebs des Ar­beit­ge­bers

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Voraussetzungen ist der Zugang der Kündigung beim Arbeitnehmer.

Unbeachtlich ist deshalb alles was danach passiert, wie beispielsweise etwaige ärztliche Therapien.

Ist eine vorherige Abmahnung erforderlich?

Nein, vor dem Aus­spruch ei­ner per­so­nen­be­ding­ten Kündi­gung ist grundsätzlich kei­ne Ab­mah­nung erforderlich.

Dies liegt daran, dass die personenbedingte Kündigung nicht auf der Prognose beruht, der Arbeitnehmer werde künftig seine Vertragspflichten (weiter) verletzen. Durch die personenbedingte Kündigung wird dem Arbeitnehmer gerade keine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten vorgeworfen.

Ausnahmsweise muss der Ar­beit­ge­ber vor der personenbedingten Kündigung doch ei­ne Ab­mah­nung aus­spre­chen. Dies ist dann der Fall, wenn sowohl ein individuelles Defizit als auch eine schuldhafte Pflichtverletzung vorliegt.

Beispiel: Ein Arbeitnehmer leidet an einer Alkoholerkrankung, weigert sich aber fortdauernd eine Therapie zu beginnen. Hierdurch kommt es zu Vertragsstörungen.

Die Alkoholerkrankung stellt ein individuelles Defizit, aber keinen Pflichtverstoß dar.

Die Verweigerung der Therapie hingegen ist als Pflichtverstoß zu werten.

 

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