Das Geschiedenentestament
Regelmäßig möchte man nicht, dass der Ex-Partner Rechte am Nachlass geltend machen kann. Ist mein eigenes Vermögen nach einer Scheidung erbrechtlich geschützt? Muss ich ein (neues) Testament errichten? Dieser Beitrag gibt Auskunft darüber, was in einem Geschiedenentestament geregelt werden sollte.
Die Scheidung ist beantragt, was jetzt?
Grundsätzlich verliert der Ex-Ehepartner mit der Scheidung sein gesetzliches Erbrecht. Allerdings gibt es Fallkonstellationen, in denen der Ex-Partner letztendlich doch Ihr Vermögen in den Händen hält.
Hierzu ein Beispiel:
Sie besitzen Immobilien, haben Bankvermögen oder sind Unternehmer. Sie sind geschieden. Aus der bereits geschiedenen Ehe haben Sie ein gemeinsames Kind. Ihr Ex-Partner hat neu geheiratet.
In einem solchen Fall hätte der Ex-Partner durch eine mittelbare Erbschaft oder dadurch, dass Ihr Ex-Partner sorgeberechtigter Elternteil Ihres gemeinsamen Kindes ist, indirekten Zugriff auf Ihr Vermögen.
Was passiert mit meinem Vermögen, wenn ich kein (neues) Testament errichtet habe?
Fallkonstellation 1: mittelbare Erbschaft
Ihr Ex-Partner erbt nicht direkt gesetzlich. Allerdings besteht die Gefahr, dass er/sie mittelbar über das Kind erbt, denn ihr gesetzlicher Erbe ist Ihr Kind. Sollten Sie versterben und vor Ihrem Ex-Partner auch Ihr Kind – ohne ein Testament mit abweichenden Bestimmungen zu errichten – wird Ihr Ex-Ehepartner gesetzlicher Erbe. Damit erhält Ihr Ex-Partner Ihr Vermögen und somit auch das Unternehmen und die Immobilien.
Fallkonstellation 2: indirekter Zugriff
Ihr minderjähriges Kind verstirbt nicht vor Ihrem Ex-Partner. Ihr Kind wird gesetzlicher Erbe. Ihr Ex-Partner ist allerdings sorgeberechtigt und damit für die Verwaltung des Vermögens des Kindes zuständig. Damit erhält Ihr Ex-Partner indirekt Zugriff auf Ihr Vermögen und somit auch auf Ihr Unternehmen und die Immobilien.
Kann ich das mithilfe eines Geschiedenentestaments verhindern?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine mittelbare Erbschaft oder einen indirekten Zugriff nach der Scheidung zu verhindern und so Ihr Vermögen erbrechtlich zu schützen. Um den eigenen Nachlass vor dem Ex-Partner sicher zu schützen, ist es ratsam ein Geschiedenentestament zu errichten.
Ziel eines solchen Testaments ist regelmäßig die Absicherung des eigenen Kindes und des eigenen Vermögens. Durch bestimmte Verfügungen im Testament wird so der Zugang des Ex-Partners auf den Nachlass verwehrt.
Denkbar wäre es auch, eine dritte Person (Testamentsvollstrecker 🔗) zu bestimmen, die das Vermögen des Kindes bis zur Volljährigkeit (oder länger) verwaltet, sodass Ihrem Ex-Partner die Verwaltungshoheit entzogen wird, trotz Sorgeberechtigung.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, eine Anordnung der Vor- und Nacherbschaft zu treffen. Hierbei wird das minderjährige Kind als Vorerbe bestimmt und eine weitere (dritte) Person als Nacherbe. In diesem Fall kann Ihr Ex-Partner nicht mehr Erbe Ihres minderjährigen Kind werden. Der Erbe Ihres Kindes wird dann der Nacherbe.
Was gilt für den Fall, dass ein Erbvertrag oder ein gemeinsames Testament vorliegt?
Ehegattentestament/ Berliner Testament/ Erbvertrag
Generell verlieren Verfügungen in einem Testament zugunsten des Ex-Partners nach einer Scheidung ihre Wirksamkeit. Allerdings, je nach Formulierung und entsprechender Auslegung der Verfügung, kann ein Fortgeltungswille interpretiert werden. Um einen solchen gänzlich auszuschließen ist es ratsam, die Verfügung zu widerrufen und ein Geschiedenentestament zu errichten.
Nach der Scheidung – Regelfall § 2268 Absatz 1 BGB
Endlich geschieden. Auch das Vermögen ist endgültig getrennt, oder?
Der Gesetzgeber hat in § 2268 BGB BGB geregelt, dass das gemeinschaftliche Testament im Regelfall in vollem Umfang unwirksam ist, wenn die Ehe geschieden wird. Bereits mit Zustellung des Scheidungsantrags an den Ex-Partner endet dann das Ehegattenerbrecht und Ihr Vermögen geht im Nachlassfall nicht auf ihren Ex-Partner über.
Ausnahme § 2268 Absatz 2 BGB
Eine Ausnahme hat der Gesetzgeber vorgesehen, wenn das gemeinschaftliche Testament dahingehend interpretiert werden kann, dass die Eheleute beim Schreiben ihres letzten Willens einen sogenannten „Aufrechterhaltungswillen“ hatten. Dies ist dann der Fall, wenn anzunehmen ist, dass das Testament auch für den Fall der Scheidung aufrecht erhalten bleiben soll. Diese Ausnahme kennen viele nicht.
Werden im Testament gemeinsame Kinder als Erben benannt, so ist die Frage ob die Ehegatten diese Verfügung im Zeitpunkt der Testamentserrichtung auch getroffen hätten, wenn sie das Scheitern ihrer Ehe vorhergesehen hätten. Es kommt auf den Aufrechterhaltungswillen der Eheleute im Zeitpunkt der Testamentserrichtung an, so der BGH mit Urteil v. 07.07.2004. Für den Fortgeltungswillen eines Berliner Testaments kommt es auf die Gesamtumstände an. Hierfür werden regelmäßig Bekundungen aus dem Familienkreis herangezogen, so das OLG Düsseldorf mit Beschluss v. 10.03.2017.
Über § 2268 Abs. 2 BGB fortgeltende wechselbezügliche Verfügungen behalten auch nach der Scheidung der Ehe ihre Wechselbezüglichkeit und können nicht durch einseitige Verfügung von Todes wegen aufgehoben werden, so der BGH mit Urteil v. 07.07.2004.
Rechtsprechung zum Thema Aufrechterhaltungswillen/ Fortgeltungswillen
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.03.2017 – I-3 Wx 186/16 🔗
OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 20.03.2014 – 20 W 520/11
BGH, Urteil vom 07.07.2004 – IV ZR 187/03 🔗
BayObLG, Beschluss vom 08.06.1993 – 1Z BR 95/92
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